26.07-08.08.2013 im Triglav-Nationalpark
Tag 4
Da Mimi die Tür mit ihrem schlafenden Körper blockiert hatte und sich das Fenster nicht öffnen ließ, dösten wir mehr oder weniger in der nun in der Hütte herrschenden Hitze vor uns hin, und als endlich der Morgen graute und Mimi erwachte und die Tür nun wieder frei gegeben war, stürmte man hinaus an die frische Luft, um erst einmal wieder richtig zu Atem zu kommen. Gemächlich packten wir zusammen und Luis Becker säuberte das kleine Haus, das uns für die letzte Nacht eine Unterkunft geboten hatte. Die Sonne lachte und man machte sich auf, den Wanderweg wieder zu finden. Nach etwa 200 Meter Gehens fiel auf, dass man die Gitarre vergessen hatte. Schnell eilte Hannes zurück um das Instrument zu holen. Zwar ging es erneut bergauf, doch der Pfad verlief heute buckliger, sodass wir bergauf, aber auch auf vielen Strecken auf ebenem Grund laufen konnten. Nach zwei Kilometern stoppten wir an einem Bauernhof, um den mehrere Kühe frei grasten. Viele kleine Holzhütten standen auf dem Gelände verteilt, indem eines der Tiere es sich auf dem Balkon gemütlich gemacht hatte. Wir frühstückten ausgiebig und machten uns dann weiter an den Aufstieg, denn wir wollten über den Berg den Nationalpark verlassen. Das Blumenmeer weidete das Auge und duftete gar sehr und lenkte vom schweißtreibenden Wandern ab. Mit den Moosen, Steinen, Blüten, Nadelwäldern und den bewachsenen Wiesen voller saftigem grünen Gras war die Landschaft wundervoll und man konnte sie schon im nächsten Heidi-Film sehen. Gegen Mittag machten wir Rast an einem steilen Abhang, an dessen Kante unser Wanderweg verlief. Auf den zackigen Bergspitzen um uns herum konnte man weiß Schnee glitzern sehen – die Szenerie war perfekt. Schnell wurden die Fotoapparate und Kameras gezückt, um einige Panoramaaufnahmen zu schießen. So verweilte man die nächsten zwanzig Minuten frei fühlend auf einer Anhöhe sitzend und den Wind durch die verschwitzten Kleider spürend. Dennoch mussten wir weiter und in einem Tal sichteten wir drei kleine Seen, an denen wir Mittagspause machen wollten. Während man auf die Gruppenleiter und Philipp, die als letzte gegangen waren, wartete, nutzten Hannes und Daniel, sowie Amy und Esther die Zeit, um zusammen kacken zu gehen. Man musste Acht geben nicht gesehen zu werden, denn die Seen mit den umliegenden Wegen waren bei Wanderern offensichtlich sehr beliebt und viele legten so wie wir hier eine kurze Rast ein. Die Landschaft mochte zwar wie ein Foto aus einem Bilderbuch wirken, doch wegen den vielen Steinen fanden wir keinen passablen Ruheplatz, sodass man sich mit dem Mittagessen beeilte und lieber in das eiskalte Nass sprang. So wusch und verwöhnte man sich und Hannes versuchte aus einigen Kleiderstücken den Dreck heraus zu bekommen, als die ersten grauen Wolken erschienen. Langsam machte man sich daran, die Rucksäcke zu packen und abzuwarten, ob das Wetter nun umschlagen würde. Der Regen kündigte sich an, indem es allmählich kühler wurde und immer mehr Regenwolken aufzogen. Als die ersten Tropfen auf die Erde prasselten, zog man panisch Ponchos über und begann in Richtung eines großen Hauses, das am Ufer des dritten Sees stand, zu laufen. Nun schüttete es nur so, sodass sich die lockere Erde rund um den See in das reinste Matschloch verwandelte. Urplötzlich kam ein starker Wind auf, der uns kühl unter die Ponchos fuhr und gegen den wir in teils noch Badehosen nicht gewappnet waren. Die Böen verwandelten sich zum Sturm, als wir dieses Haus, eine Herberge, erreicht hatten und uns auf der Terrasse eines nebenstehenden Holzgebäudes zusammendrängten. Der Wind preschte uns den Regen trotz der Überdachung nur so ins Gesicht und während Tim und Philipp in die Herberge liefen, um nach Unterkunft zu fragen, konnte man die vielen Wanderer beobachten, die wie wir vor dem Unwetter zu dem einzigen Haus weit und breit flüchteten. Ein Bediensteter führte uns schließlich zu einem kleinen Haus abseits und schickte uns über eine Holztreppe an der Außenwand hinauf in einen schmalen Speicher. Es hatte kein Licht, nur ein einziges kleines Fenster und war so eng und niedrig, dass man sich nur auf allen Vieren kriechend fortbewegen konnte, was zu dreizehnt gar nicht einfach war. Doch es war trocken und Matratzen waren zumindest inklusive. Trotzdem hatte man dafür einen Wucher-Preis bezahlen müssen. Die Platznot und das mangelnde Licht führten dazu, dass einige versuchten zu schlafen und sich in ihre Schlafsäcke zwängten, Esther und Daniel die komplette Wäscheleine, die man aufgespannt hatte, für ihre Kleidung beanspruchten und Hannes, Daniel, Esther und Dylan, die am nächsten am Fenster lagen, lustige Witze wie „DR. Wanka setzt die Spritze an“ rissen.. Als es endlich aufhörte zu regnen hatte man die komfortable Herberge erkundet, in der es selbst für uns Hausschuhe und ein kleines Bistro gab, in dem man für einige Euro Pfannkuchen, Spätzle etc. schlemmen konnte. Da wir selbstverständlich nichts davon angerührt hatten, vertrieben wir uns die Zeit mit Karten spielen und Hannes und Santino lernten eine Blondine aus Mecklenburg
kennen, die mit ihren Eltern hier urlaubte. Zum Abendessen bereitete man Nudeln mit Bolognese-Soße zu, und wegen des fehlenden Lichts in unserem Dachboden schlief man alsbald ein.
Tag 5
Die Luft war stickig, doch die Sonne schien und wir hatten diese Nacht überstanden. So gut es ging suchte man seine feuchten Sachen zusammen, um diese draußen trocknen, was mehr schlecht als recht funktionierte. Das Frühstück wurde eingenommen, jeder ging sich noch einmal entleeren, dann begann man wieder loszulaufen. Von den drei Seen fort, durch kniehohes Gras, ging es den Berg hinauf. Die farbenprächtigen Blumen wuchsen überall, sodass unser Wanderpfad mehr einem Schleichweg glich und man ein ums andere Mal nach den Wegmarkierungen suchen musste. Zu unserem Glück hatte sich uns ein Ranger angeschlossen, der als Wächter dieses Nationalparks des Öfteren diese Strecke ablaufen musste, um zu schauen, ob die Wege frei und die Wegmarkierungen noch vorhanden waren. Er leitete unsere kleine Schar durchs Gehölz, immer weiter den Abhang hinauf, da man heute noch die Marke von 2000 Höhenmetern knacken wollte. An manchen Stellen musste man sich mit Händen und Füßen Absätze empor ziehen und klettern, was mit 20 Kilogramm-Rucksäcken + Gitarre (die wir eigentlich kein einziges Mal auf der ganzen Großfahrt benutzten) gar nicht so leicht war. Und immer höher ging es hinauf, bis wir nachmittags endlich auf einem Felsplateau auf der Spitze des Berges standen. Mit der Höhe hatte die Temperatur abgenommen, und der kalte Wind kühlte nun die verschwitzten Leiber. Der Ausblick war fantastisch und jegliche Anstrengungen des Aufstiegs waren vergessen. In der Ferne konnte man Schnee auf den umliegenden Bergen erspähen. Mit einem Gefühl von Freiheit sprang man über die von tiefen Spalten zerklüfteten Felsen, welche einige Mengen von Schnee beherbergten, obwohl es mitten im Sommer war. Manche, die ihr Trinken schon aufgebraucht hatten, begannen aus kleinen Becken, die die Zeit in den Stein gearbeitet hatte, angesammeltes Regenwasser zu schöpfen, bis der Ranger ihnen Einhalt gebot, da er um ihre Gesundheit fürchtete. Nach mehreren Süßrunden wurde uns unterbreitet, heute von 2000 Höhenmetern wieder auf 500 herunterkommen zu wollen. Der Weg war mühsam und die Knie schmerzten, an einigen Stellen ging es sehr steil ins Tal hinab, man jedoch wegen der dichten Baumwipfel nicht sehen konnte, wo der Boden endlich wieder eben wurde.
Die Zeit verging und die Sonne begann schon langsam den Bergspitzen zuzuwandern, als wir gegen 17.30 Uhr endlich wieder ebenen Grund unter unseren Füßen spürten und an einem Flusslauf pausierten, um Mittag zu essen. Ein glückliches Paar samt Tochter stapfte an uns vorbei den Berg hinauf. Über den Fluss hatte man zwei Baumstämme geworfen, an denen wir nun standen, um unseren Mut zu beweisen und probierten, hinüberzugehen. Während die Gruppenleiter weiter abseits redeten, dösten und Amy mit Philipp rangelte, schaffte es einzig Santino den Fluss zu überschreiten. Nicht schlecht! Mit den Rucksäcken überquerten wir den Fluss über ein Paar Steine, die aus dem Wasser ragten.
Im Sonnenuntergang lief man Richtung Dorf. Endlich passierten wir wieder eine geteerte Straße, auf der es sich einfacher und schneller laufen ließ. Nun hatten wir den Nationalpark hinter uns gelassen und hätten rechtlich gesehen eigentlich unsere Kohte wieder aufbauen dürfen, unser Ziel war jedoch ein nahe gelegener Campingplatz. Dumm war nur, dass man unserer Karte nicht genau entnehmen konnte, wo sich dieser befand. Während Philipp und Tim von einem netten Slowenen zum Campingplatz im Auto mitgenommen wurden, warteten wir anderen abseits einzelner Häusern. Da die Straße so gut wie nicht befahren war, machten wir es uns prompt darauf bequem, da das daneben wachsende Gras feucht war. Als ein Auto angerast kam, musste sich Dylan, der sich gerade sitzend auf der Straße befunden hatte, mit einem Sprung aus dessen Reichweite retten. Sein ganzes Knie war offen und blutete sehr, jedoch musste er nicht weinen. Später kamen Tim und Philipp mit einer Frau zurückgefahren, die großzügig unsere Rucksäcke und Amy und Esther, die sich beklagt hatte, dass ihr Bein umgeknickt sei und deswegen nur noch humpeln könnte, in ihrem Auto auf. Wir anderen kämpften uns die restliche Strecke zu Fuß durch und wurden von einem attraktiven Campingplatz empfangen, in dem ein kleiner Laden, Volleyball-Felder, Hängematten, Waschräume, Duschen und vieles Mehr vorhanden waren. Die Frau hatte uns ein großes Zimmer über den Waschräumen überlassen, in dem jeder ein eigenes Bett hatte, genug Platz war, die Rucksäcke in einer Ecke abzustellen und man sich gut bewegen konnte. Das Fenster ließ sich öffnen und Duschchips für drei Minuten Warmwasser waren inklusive – Alles zusammen bezahlten wir weniger als in dem schäbigen Dachboden in dem wir am Vorabend nächtigen mussten, in dem man sich nur kriechend fortbewegen konnte, zu zweit auf Matratzen auf dem Boden schlief, das kleine Fenster sich nicht öffnen ließ, es kein Licht gab und noch Geld für die Toiletten verlangt wurde. Da dagegen war das hier der reinste Luxus. Nächst dem Waschhaus war eine Steinterrasse eingelassen, gleich daneben schlängelte sich ein Fluss, klar und blau, am Campingplatz vorbei. Während es schon dunkelte, überließen die erschöpften Gruppenleiter unter der Aufsicht von Esther das Kochen uns Pimpfen. Während Kartoffelbrei und Soße zubereitet wurden, schaffte es Dylan nicht, die Konservendosen mit dem Gemüse zu öffnen. Nur Dylan, Santino und Hannes waren noch wach, als alle anderen schon in den arschbequemen Betten eingeschlafen waren und nutzten die Zeit zum Reden.
Tag 8
Als wir morgens der strahlend hellen Sonne entgegen blinzelten, hatten wir die Nacht unter einem atemberaubenden Firmament und vielen leuchtenden Sternen verbringen dürfen. Kurz vor Eintritt des Hitzeschlags verließ man die mollig warmen Ruhevorrichtungen, um sich in den kühlen Schatten zu verkriechen. Später frühstückten wir massig Brot mit allerlei Aufstrichen, Salami und Linolada – dem örtlichen Nutella. Die ersten Badegäste hatten sich an unserem Fluss versammelt, und da wir vorhatten, die nächsten Tage ebenfalls hier zu verbringen, gesellte man sich zu ihnen ins eisige Nass. Mit einem Verbrauch von gefühlt zwei Tuben Sonnencreme war dann auch jeder gegen die gefährliche UV-Strahlung geschützt. Sehr gefuchst waren die drei Köpfe der Gruppe, die sich eine Kohtenplane zwischen die Bäume als Sonnenschutz spannten. Einfach (und) genial! Feindlich gestimmt waren sie jedem Pimpf, der es versuchte einen Platz im Schatten unter dieser Plane zu ergattern. Hin und wieder wurde gebadet, um den Körper wieder auf eine Wohlfühltemperatur zu bringen. Hannes, Philipp und Mimi hatten ein paar Wehwehchen, wie Bauchschmerzen, Augenleiden und Halsschmerzen. Gegen die beiden letzteren Probleme verabreichte man sich Medizin, das Bauchweh verschwand erst in den nächsten Tagen. Am Nachmittag verspeiste man Unmengen slowenischer Kekse, von denen wir mehr als genug hatten. In der Dämmerung wurde man zum Feuerholz holen geschickt, während sich die Gruppenleiter entspannt unter ihrer Plane gegenseitig massierten. Ein Kochfeuer wurde in der Feuerstelle eingerichtet und das Wasser aufgesetzt. Das Kochen ging rucki-zucki und tada, man hatte Gnocci gezaubert. Sie mundeten gar sehr. Schade war nur, dass die Hälfte der Soße im Feuer gelandet war, und da die Gnocci nicht ausreichten, uns zu sättigen, kochte man prompt noch 1,5 Kilogramm Käsenudeln. Um das Feuer gedrängt überkam alsbald die Ersten die Müdigkeit. Nur die drei Gruppenleiter, selbst als „die drei Köpfe“ ernannt, pöbelten noch bis in die Nacht.
Noch so´n Ding, Augenring!
Noch so´n Spruch, Kieferbruch!
Ruck-Zuck hängt der Kiefer, tiefer!
Vorbildlich säuberten sie sich später noch die Zähne, verabreichten Phillip liebevoll die Augencreme und schlummerten bald ebenfalls ein.
Tag 11
Es sollte unser letzter Tag an der Soca werden. Heute Nacht würden wir zur Bushaltestelle aufbrechen, von der aus wir wieder nach Ljubljana zurückkehren würden, von wo aus unsere Fahrt vor 10 Tagen begonnen hatte. Dementsprechend waren wir schon früh auf den Beinen, zehrten alle verbliebenen Vorräte auf und genossen unsere letzten Stunden.
Später kam ein älteres Paar vorbei, das den am Platz Verbliebenen drohte, wenn wir nicht sofort verschwinden würden, könnten wir sie nicht davon abhalten, die Polizei zu verständigen. Deswegen packten wir Schlafsäcke und Isomatten so gut es ging schon in die Rucksäcke ein und gesellten uns wie alle anderen Badegäste an den Strand. Gegen Mittag machten sich einige erneut auf, um in Bovec für unser Abschlussessen einkaufen zu gehen. Währenddessen verpassten sie Elias, der sich für versprochene zwei Euro an eines der Kayaks, die ständig auf dem Fluss verkehrten, dran hing. Der Insasse des Bootes war eher verdattert als sauer darüber und bis er begreifen konnte, hatte Elias sich zurück ins Wasser fallen lassen und die Kayaks waren weiter flussabwärts getrieben. Später wurde Hannes für eine ähnliche Aktion mit einem kräftigen Schlag mit dem Paddel vom Insassen des Bootes bestraft. Gegen Nachmittag kamen die Einkäufer mit Rucksäcken voller Gemüse, Wraps, Hackfleisch, Tabasco, Ketchup, Tomatenpampe, Chips, diversen Fruchtsäften und Süßrunden zurück. Man schwamm ein letztes Mal im Sonnenuntergang im Fluss, dann bereitete man sich für das Abschlussessen vor. Damit man genügend Holz hatte, um die Nacht durchfeuern zu können, machte man sich abermals auf, in der Dämmerung Brennmaterial zu suchen. Die Rucksäcke waren gepackt und alles für unsere Abreise hingerichtet, da man nachts nichts mehr sehen würde, dann fand man sich zum Abschlussessen um die Feuerstelle ein. Die Wraps wurden auf einem Topfdeckel aufgebacken, anschließend mit Zwiebeln, Tomate, Paprika, Salat, Hackfleisch und den diversen Soßen gefüllt. Man schlemmte, bis alles verzehrt war und sich die ersten auf den wenigen Isomatten, die noch nicht verpackt waren, zusammenrollten, während sie die einzige Singerunde unserer kompletten Großfahrt verpassten.