Bericht vom 02.10.2019
Nachdem es die letzten Monate über immer wieder zu ungewöhnlichen und unheilvollen Ereignissen in den verschiedenen Bünden kam, über die unsere Chefredakteurin Ronja berichtete, freuten wir uns auf den Tag, an dem es endlich zur Überwindung und Vernichtung des Bösen kommen sollte. So machten wir uns gespannt am frühen Nachmittag des 2. Oktober auf nach Dettingen unter Teck, wo das diesjährige Jubiläums-GAT/ die Apokalypse stattfinden sollte. Die Wetterberichte hatten bereits Regen und sinkende Temperaturen für die kommenden Tage angekündigt, was uns natürlich nicht stoppen ließ, sondern vielmehr auf das kommende Unheil hindeuten sollte!
Mit dem Auto fuhren wir direkt vor die Tore der „Stadt der Hoffnung“, die für die kommenden Tage unser Zuhause sein sollte. Einmal ausgestiegen, wurden wir feierlich vor den Stadttoren von Yannic (Hüter der Stadt) und Daniel (Oberbefehlshaber der Kultistenjäger) begrüßt, um dann direkt zur Registrierung in die beheizte Anmeldejurte geschickt zu werden. Marc, der dort sehnsüchtig auf neue Arbeit wartete, drückte jedem ein Formular zum Ausfüllen in die Hand, machte fachmännisch von jedem ein Foto mit einer Polaroidkamera für einen Stadtpass (wie uns knapp mitgeteilt wurde), stempelte diesen noch ab und so waren wir innerhalb weniger Minuten stolze Besitzer eines neuen Passes (Bürokratie kann doch soo einfach sein); denn hinter uns standen schon die nächsten Ankömmlinge. Als wir wieder nach draußen wollten, wurden wir unerwarteter Weise zurückgehalten und wurden direkt weiter zum Gesundheitscheck im Zimmer nebenan bei der Frau vom Fach, der Heilerin Dr. med. dent. Rahel geschickt. Davon hatte ich in der Anmeldung nichts gelesen, weshalb ich die Untersuchung schnellstmöglich über mich bringen wollte. Leider falsch gedacht, denn ich musste feststellen, dass der Frau Doktorin auch wirklich gar nichts entgeht. Nach der ausführlichen Befragung zu den Kultisten (…) und der Leibesvisitation, stand die Diagnose fest: infiziert- Hiiilfe! Doch der Schock währte nicht lange, denn mir wurde sofort eins der vielen Fläschchen, die auf dem behelfsmäßig aufgestellten Arzneitisch aufgereiht standen, in die Hand gedrückt und aufgefordert einen Schluck von einer blauen, giftig aussehenden Tinktur zu mir zu nehmen. Augen zu und Mund auf! Ich fühlte, wie mein Magen sich zusammenzog und im nächsten Augenblick fühlte ich mich bereits von all meinen Beschwerden erlöst. Ich dankte der großen Meisterin und trat vollkommen genesen sowie mit einem neu angefertigten Pass aus der Anmeldung um den Lagerplatz ein wenig zu erkunden.
Noch war auf dieser recht überschaubar, denn die meisten Gruppen waren noch auf dem Weg mit Bus und Bahn, während hier bereits fleißig aufgebaut wurde. Während die Kleeblatt-Jurtenkonstruktion kaum zu übersehen war, erfuhren wir, dass sich die Grauen Reiter etwas ganz besonderes für dieses Lager ausgedacht hatten – nämlich ein Pool, und nicht einfach irgendein aufgestelltes Planschbecken, sondern ein beheizbarer Pool mit Ofen, sodass selbst bei Regen und Kälte entspannt werden konnte. Der Abend nahte und während wir die Antaresjurte versuchten aufzubauen, trudelten die ersten Gruppen mit den letzten Sonnenstrahlen auf dem Lagerplatz ein und machten sich schnell daran ihre eigenen Jurten und Kothen aufzubauen. Mit der untergehenden Sonne ging auch unsere Hoffnung auf ein baldiges Abendessen unter, denn der Aufbau nahm doch mehr Zeit in Anspruch als gedacht. Als dann endlich alles stand und das Feuer mehr oder weniger das Nudelwasser zum Kochen brachte, machten wir es in unserer Jurte gemütlich und ließen den ersten Abend langsam ausklingen.
Vera (PBA)
Das Jubiläums-GAT 2019
Die Planung begann irgendwann im Herbst 2018. Drei oder vier Menschen mit wenig Plan und viel Motivation. Ein Thema soll das GAT haben, damit man sich verkleiden kann. Irgendwas, wo vorher schon was passiert. Eine große Endschlacht. Lass uns einen Trailer drehen, Daniels Bruder hat Filmequipment. Ende des Jahres steht das Thema: Apokalypse. Das Planungsteam wächst.
Dezember bis Juli.
Eine erste Struktur für das Jahr und das GAT entwerfen. Logo entwerfen lassen. Website aufbauen. Sticker und Visitenkarten machen lassen. Das Planungsteam wächst weiter. Wie wäre es mit Zünften auf dem GAT? So eine Art Stadt und Berufe? Planungstreffen. Ideen weiter ausbauen. Eine Bibel kaufen. Verkleiden und Bünde überfallen. Planungstreffen. Verkleiden und weiter Bünde überfallen. Wir haben ein Pferd. Film drehen: Die Kultisten suchen das Buch. Webseite updaten. Noch ein bisschen Film drehen: Die Kultisten finden das Buch und befreien den ersten Reiter. Planungstreffen. Mehr Siegelbrüche. Anfang April dann ein Tiefpunkt.
„Wir sind doch 15 Leute in der Telegramgruppe, warum kommen denn immer nur fünf zu den Planungstreffen verdammt?“ „Von den Bünden kommt auch nix, wofür reißen wir uns denn hier den A**** auf, kommuniziert das ganze doch bitte mal in eure Bünde!“
Planung geht weiter. Vielleicht können wir eine Sternfahrt machen? Siegel Brechen. Webseite updaten. Konsequenzen für die gebrochenen Siegel? Konsequenzen. Reporterin Ronja engagieren. Mi’ann Sonnwald und die Hüter als „Die Guten“. Sternfahrt planen. Siegel brechen. Planungstreffen. Ronja berichtet über die Lage und ruft zu Gegenaktionen auf. Sternfahrt planen. Zur Sternfahrt einladen. Die Sternfahrt aka. Fahrt zur Hölle läuft mit mehr Teilnehmenden als erwartet und der Abschluss an der Ruine mit maskierten Kultisten, Gesang, Tanz und bunten Feuer ist wundervoll. Die Apokalypse ist vorerst aufgehalten, yay! Doch das GAT rückt erschreckend schnell näher. Infrastruktur fürs GAT steht? Vielleicht. Zünfte, Geländespiel, Stadtplan stehen? Naja. Noch ein Planungstreffen in großer Runde. Noch drei in kleinen Runden.
August bis September.
Plötzlich geht alles ganz schnell. Gerade war es noch Ende Juli und dann ist das GAT auf einmal nur noch zwei Wochen entfernt. Wir wollten doch eigentlich noch mehr Werbung für die Fahrtenaufgaben machen. Und ein letztes Gespräch mit Mi’ann Sonnwald aufzeichnen. Aber immerhin ist der Zunft-o-mat rechtzeitig rausgegangen. Wie dem auch sei, jetzt ist der Endspurt dran. Noch eine Woche. Wer kommt denn jetzt eigentlich sicher zum Aufbauen am Montag? Wer am Dienstag? Noch drei Tage. Nochmal zum TEDI, Müller und Idee Creativ. Und dann sind wir auf dem Platz.
Dienstag. Es regnet. Schüttet. Die Jurten-Konstruktion steht nicht. Das Tor geht nicht richtig auf, aber immerhin steht es, dafür ist die Weltkarte aber noch nicht fertig. In der Anmelde-Hochkohte schwimmt der Boden und weil im Heilerzelt, in dem wir als Planungsteam vorrübergehend schlafen, im Dach die Wasserwannen stehen, rennen wir zwischen Jurtenkonstruktion und Heilerzelt hin und her, um die Planen davon abzuhalten zu reißen und unsere Sachen zu ersäufen. Wir puschen uns gegenseitig hoch wo wir können, aber der Regen zerrt an unseren Nerven fast so stark wie an den Planen.
Vielleicht doch noch mal die Jurten in der Jurtenkonstruktion drehen für eine bessere Spannung der Dächer? Das Brennholz ist praktisch nutzlos, zu wenig und morsch. Egal, ärgern hilft nicht, zur Not schicken wir die Pimpfe mit der Stadtwache oder den Jägern in den Wald Holz sammeln. Wann planen wir die Routen und Orte für die Geländespiele fertig? Jedenfalls nicht heute. Also, die Jurtenkonstruktion, geht da noch was, und wann kommt eigentlich der Graue Reiter und baut den Pool (passiert das eigentlich wirklich?) und die Pinte? Hat jemand noch Lust was zu singen?
Mittwoch. In der Nacht ist natürlich doch eine der Jurten gerissen. Also nochmal drehen und nochmal anders. Aber dann klappt es und irgendwann steht die Konstruktion und die Anmeldestation ist fast fertig eingerichtet und die ersten Aufbauteams der Bünde sind da.
Und dann sind die Bünde da. Endlich. Schon? Es ist dunkel und die Begeisterung steigt mit jedem Pass, den wir ausstellen. Rahel suchst du noch Leute, die als Verseucher klammern anstecken? Frag doch mal die und die…
Donnerstag. Wer sagt was? Wie steigen wir ein? Okay ich mache eine Zusammenfassung und versuch alle auf einen Stand zu bringen.
Am Vormittag laufen die Zünfte auf Hochtouren. Alle sind motiviert und dabei, es wird gebastelt und musiziert, trainiert und initiiert. In der Heilerzunft wird gebraut und gepanscht und geheilt und alle sind voll im Stadtleben. Eine Woge der Dankbarkeit für meine Mitplanenden ergreift mich und Erleichterung, dass alles so funktioniert wie es soll.
Während die Bünde essen, setzen wir uns zusammen und suchen uns die letzten Freiwilligen aus den Bünden für die Stationen. Dann dürfen die Bünde die Welt befreien.
Die Möglichkeit, in der großen Runde die Teebeutelmörder (oder Verseucher) anzuklagen, kam uns wie eine sehr gute, erprobte Idee vor, immerhin hatte es auf dem GAT vor ein paar Jahren damals auch gut funktioniert. Hier eskaliert es ein bisschen und die Kinder schlagen im Chor und mit Begeisterung Bestrafungsmethoden vor. Geistesgegenwärtig nehmen Daniel, Rahel und Yannik die Angeklagten aus dem angehenden Lynchmob und finden eine harmlosere Möglichkeit, Reue und Heilung zu verwirklichen.
Abend. Die Nachricht, dass es wirklich einen Pool gibt setzt sich durch.
Freitag. Während die Stadt sich in verschiedenen, teilweise vollkommen spontan von tollen Menschen angebotenen Gilden vergnügt, suchen wir die Materialien und Menschen für das Nachtgeländespiel zusammen. Die Idee ist ausgereift, aber bis alle den Plan verstanden und damit einverstanden sind dauert es doch noch sehr, sehr lange.
Dann plötzlich bei hereingebrochener Dunkelheit der Ausruf: Feuer. Feuer? Eine Jurte brennt. Eine Jurte? FEUER!
Die Reaktionen sind direkt, klar und so, so hilfsbereit. Das Feuer ist schneller im Griff als man gucken kann und auch danach lässt die Hilfsbereitschaft nicht nach. Alle werden versorgt, eine Kohte für das Material aufgebaut und die Pimpfe in die Singerunde gescheucht. Es ist niemandem etwas passiert, aber der Schreck sitzt tief und auch die fünfte Nachfrage, ob es mir gut geht erfüllt mich mit Dankbarkeit.
Ohne viel Diskussion sagen wir das Nachtgeländespiel ab.
Müde und körperlich und seelisch erschöpft verschieben wir die restliche Planung des Geländespiels, das eigentlich für Samstagvormittag geplant war, auf den Samstagvormittag. Dürfen alle eben ein bisschen länger schlafen und den Vormittag frei gestalten.
Samstag. Immer noch müde sammeln wir das Material und ziehen los, um die Totems für das Geländespiel vorzubereiten. Das Spinnennetz kostet uns zu viert über eine halbe Stunde, und auch die anderen Totems brauchen ihre Zeit. Dafür sind die Bilder und die Rückmeldung von den Gruppen wundervoll.
Die große Endschlacht ist chaotisch und trotz aufwändig geschminkter Kultisten und Reiter der Apokalypse habe ich den Verdacht, dass die Message „Juhu wir haben nach einem halben Jahr des Kampfes endlich die Reiter der Apokalypse besiegt“ vielleicht nicht wirklich angekommen ist. Egal, denn alle sehen aus als hätten sie Spaß und als es rum ist, kann ich ein tiefgreifendes Gefühl der Erleichterung nicht leugnen.
Sonntag. Die Abschlussrunde und mein Herz sind erfüllt von Lob, Stolz und Dankbarkeit. Noch eine kurze Rede, und noch eine, und noch eine. Dann verabschieden wir uns mit überkreuzten Händen, ein wohliges Ritual, das sich angemessen anfühlt. Bei wiederkehrendem Nieselregen räumen die Bünde zusammen und einer nach dem anderen verlässt den Platz. Das Planungsteam räumt und räumt. Die Mengen an Müll sind erschreckend und das Stroh lässt sich nur schwer von der Wiese aufsammeln. Alle Autos sind zum Platzen gefüllt, alles ist nass und riecht nach Rauch.
Eine Woche später ist die Erleichterung in mir abgeklungen und durch leise Wehmut ersetzt, doch es überwiegt weiterhin der Stolz, etwas gut hinbekommen zu haben und die Dankbarkeit, mit so tollen, (begeisterungs)fähigen und ausdauernden Menschen zusammen gearbeitet zu haben.
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